Eichstätt (baj) Ausufernder Bürokratismus, das Problem, Nachwuchs zu rekrutieren und Regelungen, die mit dem gesunden Menschenverstand kaum mehr nachzuvollziehen sind. Stefan Janczik, Kreisgeschäftsführer des Roten Kreuzes in Eichstätt, nutzte den Besuch von MdL Kathrin Sonnenholzner, um sich seinen Frust von der Seele zu reden.
Die Landtagsabgeordnete war gestern auf Initiative der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen in der SPD (AfA) in die Rettungswache gekommen, um sich vor Ort mit den Arbeitsbedingungen und den Verhältnissen des Roten Kreuzes vertraut zu machen. Die 55-Jährige ist mit der Materie grundsätzlich vertraut: Sie ist Gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion und Ärztin von Beruf.
Viele seiner Mitarbeiter verstünden die bürokratischen Vorschriften nicht mehr. „Wir sollen für den Menschen da sein“, bekräftigte er; die Dokumentationen nähmen aber überhand und dabei leide der direkte Umgang mit den kranken Menschen. Unter seinen Mitarbeitern, besonders denen in der Verwaltung, sei Burn Out kein bloßer Begriff mehr: „Der Papierkram geht auf die Nerven.“
Die Abschaffung des Zivildienstes mache sich negativ bemerkbar. „Die Zivis waren unsere Reserven für soziale Berufe.“ Viele von ihnen seien auch danach beim Roten Kreuz geblieben, ein paar Jahre als Ehrenamtliche, und später – nach entsprechender Ausbildung – auch in hauptamtlicher Tätigkeit. Zu guten Zeiten gab es im Kreisverband zwölf Zivildienstleistende, zum Schluss waren es immerhin noch sieben. Und heute? Es gibt zwar den Bundesfreiwilligendienst (Bufdi), aber: „Wir haben keine einzige Bufdi-Anfrage“, klagt der Kreisgeschäftsführer. Die Zivis sind ersetzt worden durch drei hauptamtliche Teilzeitkräfte, fünf geringfügig Beschäftigte und drei Studenten. Den Fahrdienst für Kinder haben Rentner übernommen. Wenigstens hier gibt es einen erfreulichen Aspekt: Seither gingen die Schäden an den Fahrzeugen deutlich zurück.
Ein drängendes Problem seien derzeit die Praktikantenstellen, fuhr Janczik fort. Bisher wurde jeder Praktikant eigens entlohnt und bekam rund 1000 Euro pro Monat. Jetzt hat der für die Abrechnung zuständige Rettungsdienst Bayern die Bedingungen geändert. Jeder Praktikant wird zu 25 Prozent mit einer hauptamtlichen Stelle angerechnet. „Wenn wir vier Praktikanten haben, muss ich einen hauptamtlichen Mitarbeiter entlassen“, lautet die Rechnung des Kreisgeschäftsführers. Das funktioniere nicht. Inzwischen überlege man sich, überhaupt noch Praktikanten zu nehmen, wohl wissend, dass dann später der Nachwuchs fehle. „Wir machen uns selbst kaputt“, klagte Janczik. „Wir kämpfen dagegen.“ Der Ausgang sei jedoch offen.
Von einer „Praktikumsverhinderungverordnung“ sprach Kathrin Sonnenholzner einigermaßen fassungslos. Sie hatte sich eifrig Notizen gemacht, konnte aber wenig konkrete Hilfe in Aussicht stellen. Fürs Ehrenamt seien Anreize denkbar, sagte sie. Bürokratieabbau sage sich so leicht, gab sie zu verstehen, sei aber schwer umzusetzen. Auch bei dem Problem der Nachwuchsrekrutierung wisse sie keine Lösung.
Von Josef Bartenschlager